Big Ideas 2022: Von Workation und Superinseln

Bei Trends denken viele an die neusten Gadgets, Tools und generell an materielle Dinge. Aber wie wird das neue Jahr auf zwischenmenschlicher und gemeinschaftlicher Ebene? Was gewinnt immer mehr an Relevanz und ist besonders für Unternehmen wichtig? Wir schauen uns diese Trends genauer an.

Workation = Work + Vacation

Besonders der jungen Generation wird oft zugeschrieben, dass sie besonderen Wert auf eine ausgewogene „Work-Life-Balance“ legt und gleichzeitig die Erfüllung im Job sucht. Nicht zuletzt durch die Pandemie wechselten viele Arbeitnehmende ihre Arbeitsstelle. Laut einer Anfang 2022 veröffentlichten Forsa-Studie im Auftrag von Xing E-Recruiting denken vier von zehn Erwerbstätige über einen Jobwechsel nach. Das sind vier Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Was können Unternehmen dagegen tun? Mobilität und Flexibilität könnten eine Lösung sein.

Homeoffice oder flexibles Arbeiten lösen in diesen Tagen kein Erstaunen mehr aus. Eine Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW) hat bestätigt, dass drei Viertel der für das Homeoffice geeigneten Branchen auch nach der Pandemie Homeoffice gestatten möchten. Besonders Generation Y und Z schätzen den Lebensstil eines „digital nomads“. Wer seine Arbeit vom Laptop aus erledigen kann, hat deshalb mittlerweile auch die Anforderung an den Arbeitgeber, das von überall aus tun zu dürfen. Wieso nicht auch mal vom Ausland aus arbeiten? „Workation“ nennt sich die Bezeichnung und setzt sich zusammen aus „Work“ und „Vacation“, also einer Mischung aus Arbeit und Urlaub. Im Mittelpunkt steht dabei jedoch nicht der Urlaub, sondern rein der Ortswechsel des Arbeitsplatzes. 

Happy Mind, happy Life 

Wer bereits in Quarantäne saß und das Haus nicht verlassen durfte, musste oft schon schmerzlich erkennen, wie wichtig mentale Gesundheit ist. Die soziale Isolation, ob durch Quarantäne, Lockdown oder auch die Angst um die Existenz, kann auch bei gesunden Menschen Spuren hinterlassen. Laut einer Studie ist die Zahl schwerer Depressionen und Angststörungen im ersten Pandemiejahr um circa 17 Prozent zum Vorjahr gestiegen. So gab es im Covid-Jahr 2020 zusätzlich circa 53 Millionen Fälle von schweren depressiven Störungen und 76 Millionen Fälle von Angststörungen. Das wirkt sich laut einer Untersuchung auf die körperliche Gesundheit aus. Müdigkeit, Erschöpfung sowie Schmerzen können die Folge sein.

Bettina Bewernick, Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn, steht präventiven Maßnahmen positiv gegenüber:

„Stress und Leistungsdruck sind große Faktoren von Depressionen.“

Da die therapeutische Versorgung von Menschen mit Depressionen immer noch ein Problem sei, hält sie es für wichtig, dass Unternehmen auf Prävention setzen und ihre Mitarbeiter umfangreich informieren. Besonders das Thema Stress biete Unternehmen großes Präventions-Potential.

Arbeitgeber können beispielsweise ihren Beschäftigten Angebote zur Gesundheitsförderung bereitstellen. Sport dämpft nachweislich das Schmerzempfinden und senkt das Stresshormon Cortisol. Auch Workshops zur Stressprävention können unterstützend wirken.

Ein bunter Regenbogen

Der bunte Regenbogen gilt als Zeichen der Vielfalt und Diversität. Protestkampagnen wie „Black Lives Matter“, „metoo“ oder auch klassische Debatten wie die Frauenquote stellten Wendepunkte in der Gesellschaft dar. Auch Unternehmen waren davon betroffen. So teilten viele bei den Protesten um George Floyd schwarze Bilder auf Instagram oder setzten ein Zeichen für homosexuelle Paare mit Hilfe von Regenbogenfarben vor der Bürozentrale, um ihre Stellung zu präsentieren. 

Laut Investorin und Speakerin Tijen Onaran reicht das für Unternehmen als Arbeitgeber aber bald nicht mehr aus. Denn wer Vielfalt nur als Trend bezeichne, wird mit seinem Angebot stets nur dieselben Zielgruppen und potenziellen MitarbeiterInnen erreichen, warnt sie.

„Wenn Unternehmen eine starke Marke aufbauen wollen, brauchen sie ein Team mit Perspektivenvielfalt. Sonst gelingt es ihnen nicht, eine gemischte Zielgruppe zu erreichen. Es müssen Leute an einen Tisch, die Diversität in allen Facetten spiegeln, nicht nur beim Geschlecht.“ – Tijen Onaran

Die 15-Minuten Stadt

Eine Umfrage zeigt, dass sich 93 Prozent aller WissensarbeiterInnen weltweit wünschen, ihre Arbeit frei von Ort und Zeit erledigen zu können. Eine flexible Arbeitsplatzgestaltung hat auch Folgen für den Straßenverkehr. Die klassische „Rushhour“ in welcher der Verkehr meist ins Stocken gerät oder gar stehen bleibt, gäbe es somit nicht mehr. Stadtplaner Marco te Brömmelstroet von der Universität Amsterdam hat eine klare Vorstellung: „Um die Lebensqualität zu verbessern, müssen wir weniger abhängig von der Mobilität werden und uns mehr für die örtliche Nähe einsetzen“. Wäre also das Pendeln, wie wir es kennen, damit Vergangenheit?

Es entstehen bereits Projekte, welcher einer ähnlichen Theorie entspringen. Die „15-Minuten Stadt“ in Paris beispielsweise ist darauf ausgelegt, innerhalb von 15 Minuten – zu Fuß oder mit dem Fahrrad – alles erreichen zu können, was man zum Leben braucht. Darunter zählt neben Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Ärzte und Fitnessstudios auch der Arbeitsplatz. 

Auch Barcelona wagte eine Innovation und sperrte dafür ein komplettes Viertel für den Durchgangsverkehr. Die Stadt baute sogenannte „Superilles“, auf Deutsch „Superinseln“ zur Verkehrsberuhigung. Häuserblöcke werden zusammengefasst und Fußgänger- und Radfahrerfreundlich gestaltet. Die Autos müssen um die „Superilles“ herumfahren. 

Titelbild: © 22091967/stock.adobe.com

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