„Der Tod der Kaltakquise“, so titelte das „Investment“ vor gar nicht allzu langer Zeit. Im Netz wiederum sind vielerlei Tipps für eine bessere Kaltakquise zu finden. Doch welche Hürden stehen bei dieser Art der Kundengewinnung im Weg? Und ist die Praxis überhaupt noch rechtens? Das haben wir Norman Wirth gefragt, Rechtsanwalt und Gründer der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte.
Redaktion: Herr Wirth, inwieweit ist Kaltakquise grundsätzlich erlaubt?
Norman Wirth: Die Kaltakquise ist nur in engen rechtlichen Regeln erlaubt. Hier sind zwei Gesetzesgrundlagen entscheidend:
- die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)
- das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG)
Auf die Details jeweils einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen. Aber fangen wir damit an, was auf jeden Fall zulässig ist. Das beginnt mit der Brief- und Briefkastenwerbung. Während Briefwerbung direkt an den potenziellen Kunden adressiert ist und dieser direkt angesprochen wird, versteht man unter „Briefkastenwerbung“ juristisch jedes nicht adressierte Werbematerial. Dazu gehören zum Beispiel Handzettel, Kataloge und Prospekte. Bei Briefkastenwerbung ist aber zu beachten, dass diese grundsätzlich nicht erlaubt ist, wenn durch sie ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht. Für einen solchen Widerspruch kann bereits ein Sperrvermerk am Briefkasten wie etwa „Bitte keine Werbung einwerfen“ ausreichen.
Redaktion: Aber dieser Hinweis verhindert adressierte Briefe nicht?
Norman Wirth: Bei (adressierter) Briefwerbung wäre ein Sperrhinweis auf dem Briefkasten unbeachtlich. Vorsicht: Der Vermittler darf diese Werbung allerdings nicht als Privatbrief tarnen. Der Empfänger muss gleich nach dem Öffnen des Briefes erkennen, dass es sich um eine Werbemaßnahme handelt. Andernfalls würde es sich hier um unlautere Geschäftshandlungen handeln, was ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb darstellen würde.
Redaktion: Wo können rechtliche Hürden für „kalt akquirierende“ Vermittler auftreten?
Norman Wirth: Im B2C-Bereich ist Kaltakquise über Telefonanrufe laut Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verboten, sofern keine ausdrückliche Genehmigung von der Privatperson vorliegt. Gleiches gilt auch für den Versand von nicht genehmigten Mails, Fax- oder SMS-Nachrichten an Privatkunden. Im B2B-Bereich ist das etwas entspannter: Könnte eine mutmaßliche Einwilligung für die Kontaktaufnahme bestehen, wäre die Kaltakquise erlaubt. Wobei hier die Abgrenzung sicherlich schwierig ist und die Gerichte hier sehr unterschiedlich urteilen.
Redaktion: Wie kann der Vermittler eine rechtlich sichere Kaltakquise durchführen?
Norman Wirth: Die Hürden sind hoch und damit ist von der klassischen Kaltakquise eher abzuraten. Postwurfsendungen oder persönliche adressierte Post sind in Ordnung. Social Media Netzwerkansprache, Messeauftritte und Vorträge (zum Beispiel über die IHK oder Volkshochschulen) sind ebenfalls gut möglich – ersetzen aber nie den Vorteil einer klassischen Empfehlung von bereits zufriedenen Kunden.
5 Tipps für Kaltakquise im rechtlichen Rahmen
Wer potenzielle Neukunden anwerben will, sollte sich demnach genauestens darüber im Klaren sein, wo er das tut. Besonders gut eignen sich Messen und sonstige Businessevents. Auf Business spezialisierte Social Media-Plattformen wie LinkedIn und Xing eröffnen ebenfalls neue Möglichkeiten.
1: Planung ist alles
Wie sieht die Zielgruppe aus, an die sich die Akquise richtet? Und welches konkrete Ziel steht überhaupt hinter der Akquise? Hubspot zufolge müssen diese Fragen geklärt sein, bevor es an die Akquise geht. Es kann auch helfen, mögliche Gespräche im Voraus zu üben.
2: Kein Marketing- oder Fachsprech
Das bedeutet: Im Gespräch mit dem Kunden ist möglichst einfache Sprache immer dem Fachvokabular oder „Marketingsprech“ vorzuziehen. Plötzlich mittendrin etwas erklären zu müssen, kann den Gesprächsfluss zerstören und kostet Zeit.
3: Immer auf den Punkt
Bei der Akquise kann es sein, dass dem Akquirierenden nur Minuten bleiben, um sein Gegenüber zu überzeugen. Gründer.de rät darum dazu, schnell auf den Punkt zu kommen, nicht lange um den heißen Brei herumzureden und anhand konkreter Beispiele zu beschreiben, warum der Kunde „anbeißen“ sollte.
4: Mit der Kraft des Netzwerks
Die Haufe-Akademie gibt an, dass auch eigene Netzwerke hilfreich bei der Gewinnung von Neukunden sein können. Auf Business spezialisierte Social Media-Seiten wie Xing und LinkedIn erhöhen dabei die Reichweite enorm. Sie erlauben es dem Vermittler, Kunden mit völlig neuen Inhalten zu erreichen. Generell aber sollten Vermittler mit den Kundendaten, die sie erhalten, sorgsam umgehen.
5: Geduld bei der Kaltakquise
Die Kaltakquise ist nicht immer ein zuverlässiges Instrument für die Kundengewinnung, aber auch nach mehreren Absagen gilt es den Kopf zu behalten.
Titelbild und Beitragsbild: © Norman Wirth