In Zeiten geringer gesetzlicher Rente ist die betriebliche Altersvorsorge ein wichtiges Instrument, um die Rentenlücke zu schließen. Das Modell ist dabei denkbar einfach: Teile des Gehalts fließen in eine Alterssicherung – meist übernimmt der Arbeitgeber die Zahlungen ganz oder teilweise. Je nach Art der betrieblichen Altersvorsorge – dem sogenannten Durchführungsweg – bleiben die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung unter gewissen Rahmenbedingungen meist vollständig steuer- und sozialabgabenfrei. Dazu kommt der verpflichtende Arbeitgeberzuschuss, der das Modell der bAV noch einmal attraktiver macht.
Hört sich erst einmal gut an. Und dennoch gibt es Kritik an dem Modell der betrieblichen Altersvorsorge – Kritik, die auch Vermittler immer wieder hören. Ist die Kritik berechtigt? Das zeigt der Check!
Kritikpunkt 1: Im Alter drohen hohe Abgaben
Für die betriebliche Altersvorsorge fallen nachgelagert im Rentenalter Steuern an. Die Förderung durch den Wegfall von Steuern und Sozialabgaben holt sich der Staat also im Alter wieder – durch Steuern und. Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse.
Eine Mogelpackung also?
Das kann man nur in jedem einzelnen Fall entscheiden. Wäre der Steuersatz im Alter deutlich höher als im Erwerbsleben, könnte die Belastung tatsächlich höher sein als die Ersparnis der Ansparphase. Könnte. Denn meist ist es gerade anders herum: Im Alter sind die Steuern deutlich geringer als im Erwerbsleben, sodass in diesem Punkt wohl kaum ein Nachteil entstehen kann. Außerdem hängt die Attraktivität auch – aber eben nicht nur – an der staatlichen Förderung: Sie ist ein Anreiz, für das Alter vorzusorgen – wenn die Förderung das Sparziel schneller erreichen hilft, umso besser. Das hängt nicht von der Betriebsrente an sich ab, sondern vom Durchführungsweg und dem gewählten Produktgeber und Produkt – wie bei jeder anderen Altersvorsorge auch.
Entlastet werden seit 2020 vor allem die Bezieher kleinerer Betriebsrenten bei den gesetzlichen Krankenkassenbeiträgen. Im Jahr 2022 gilt für sie ein Freibetrag von 164,50 Euro. Erst Betriebsrenten, die über der Freibetragsgrenze liegen, werden anteilig mit dem bei der jeweiligen Krankenkasse geltenden Beitragssatz belegt.
Kritikpunkt 2: Die Betriebsrente lohnt sich nicht
“Betriebsrente – lohnt sich doch nicht!” Das hört man als Vermittler immer wieder. Aber auch hier gilt: Pauschale Aussagen helfen nicht. Angriffspunkt ist ja bei diesem Argument oft die in den Augen der Versicherten zu niedrige Rente, die sich aus dem angesparten Kapital ergeben kann. Was viele dabei vergessen: Die Betriebsrente zahlen die Versicherer ein Leben lang – es geht also nicht darum, die angesparte Summe X über zehn oder 20 Jahre zu verteilen. Sondern der Vorsorgesparer muss die Sicherheit haben, die Rente ein Leben lang zu bekommen – egal, wie alt er oder sie wird. Die häufig getroffene Vermutung, man müsse 80 und älter werden, damit sich eine Betriebsrente lohnt, kann also so nicht stehen bleiben: Sie lohnt sich schon deshalb, weil die Versicherten auch mit 90 noch auch eine sichere Rente setzen können, wenn ihnen selbst das Geld bereits ausgegangen wäre.
Kritikpunkt 3: Private Vorsorge ist attraktiver
Es gibt drei Säulen der Vorsorge, die gleichberechtigt nebeneinander stehen: Dazu gehören neben der Basis-Vorsorge über die gesetzliche Rente und das Rürup-Modell und der betrieblichen Altersvorsorge eben auch die private Vorsorge – etwa mit einer fondsgebundenen Rentenversicherung. Ob die attraktiver ist, lässt sich abstrakt einfach nicht sagen: Wer auf staatliche Förderung setzen will, ist mit der privaten Rentenversicherung aus der dritten Schicht einfach schlecht beraten. Wer hingegen maximale Flexibilität will, wird wahrscheinlich mit der geförderten Altersvorsorge eher unzufrieden sein.
Am Ende gilt auf jeden Fall: Die beiden Systeme – private und betriebliche Altersvorsorge – arbeiten mit vergleichbaren Produkten, Garantieversprechen und Überschüssen. Das eine Modell ist deshalb abstrakt kaum als attraktiver einzuschätzen als das andere. Bei der betrieblichen Altersvorsorge kann der Sparer durch die Zahlung aus dem Bruttoeinkommen mehr Geld zum Sparen aufwenden als bei der privaten Vorsorge, die sich ja aus dem Nettoeinkommen finanziert. Das ist der Vorteil der bAV, und wer den nutzen möchte, der ist bei der betrieblichen Altersvorsorge gut aufgehoben.
Kritikpunkt 4: Die Betriebsrente ist nur etwas für Besserverdiener
Wirft man einen Blick auf die Wege der Förderung, zeigt sich, dass das nicht stimmen kann: Spendiert der Chef die Betriebsrente, profitieren Top-Verdiener und Geringverdiener gleichermaßen. Für jeden eingezahlten Euro erwerben sie identische Rentenansprüche – unabhängig vom Gehalt. Natürlich greift bei der Umwandlung von Gehalt in eine Betriebsrente das Prinzip der steuerlichen Leistungsfähigkeit: Wer mit 120.000 Euro Jahresgehalt in eine Betriebsrente einzahlt, spart mehr Steuern als jemand mit 24.000 Euro Gehalt. Aber das ist auch nur selbstverständlich, weil derjenige mit 120.000 Euro auch deutlich mehr Steuern zahlt als jemand mit 24.000 Euro. Derjenige mit den 24.000 Euro spart aber auch Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung die der mit den 120.000 Euro auf seine Beiträge zur Betriebsrente gar nicht mehr zahlt, weil er die förderfähige Höchstgrenze bereits überschritten hat.
Bei Geringverdienern, so ein weiteres Argument, würden die späteren Leistungen zudem auf die Grundsicherung angerechnet. Das stimmt, auch wenn ein Grundbetrag anrechnungsfrei bleibt. Trotzdem kann eine eventuelle Anrechnung nicht das Argument sein, auf eine Betriebsrente zu verzichten. Denn mit diesem Argument würde man ja auf das Sparen insgesamt verzichten – denn jede Form von Vermögen kann ganz oder zum Teil angerechnet werden. Vielmehr ist die Betriebsrente ja gerade ein Schritt in die richtige Richtung – nämlich gar nicht auf die Grundsicherung angewiesen zu sein!
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