Während der Pandemie ist Homeoffice mehr denn je zur Normalität geworden. Für eine große Zahl an Mitarbeitern stellt sich daher die Frage: Wie steht es um den Versicherungsschutz im Homeoffice? Der Gesetzgeber hat bereits auf die veränderten Arbeitsweisen reagiert.
Der Knackpunkt des Homeoffice im Versicherungsschutz zeigt sich schon im Namen: Berufliches und Privates geht fließend ineinander über. Sollte also zu Hause ein Unfall passieren, besteht für Mitarbeiter oftmals die Unsicherheit, ob er über den Versicherungsschutz abgedeckt ist, da er nicht im betrieblichen Umfeld geschehen ist. Die gesetzliche Unfallversicherung gibt dazu einen Überblick auf ihrer Homepage.
Nicht jede Tätigkeit ist versichert
Denn nicht jede Tätigkeit, die man der Arbeit im Homeoffice nachgeht, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Dazu zählt, wenn ein Arbeitnehmer bei Wege- und Arbeitsunfällen verunglückt, das gilt generell auch im Homeoffice. Allerdings ist die Grenze zwischen einem Arbeitsunfall und einem Freizeitunfall schwierig zu ziehen. Als Faustregel gilt: Ein Unfall infolge einer arbeitsbezogenen und versicherten Tätigkeit ist ein Arbeitsunfall und steht damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei Freizeitunfällen hingegen haben Versicherte keinen Anspruch auf diesen Schutz.
Nicht das Wo entscheidet, sondern das Was
Es spielt also in erster Linie keine Rolle, wo sich der Mitarbeiter verletzt hat: Büro oder Homeoffice – entscheidend ist die Tätigkeit an sich. Dabei ist die genaue Definition eines arbeitsbezogenen Unfalls wichtig. Diverse Gerichtsurteile offenbaren, wie lückenhaft der gesetzliche Unfallschutz teilweise greift. Es gibt zahlreiche Tätigkeiten eines Arbeitnehmers – egal, ob am Arbeitsplatz oder im Homeoffice -, die nicht unter diesen Schutz fallen.
Wie die Unfallkasse NRW schreibt, handelt es sich um einen Arbeitsunfall, wenn eine Tätigkeit während der Arbeitszeit mit der Zielrichtung (sogenannte objektive Handlungstendenz) ausgeübt wird, die dem Unternehmen dient, beziehungsweise die betrieblichen Aufgaben erfüllt. Dazu gehören alle Aufgaben, die im Arbeitsvertrag geregelt sind, aber auch Handlungen, die notwendig sind, um diese Pflichten erfüllen zu können. Tätigkeiten, die im Gegenzug nicht mit dieser Handlungstendenz ausgeübt werden, betrieblichen Interessen zu dienen, fallen nicht unter den gesetzlichen Unfallschutz.
Unfälle auf dem Weg im Homeoffice
Doch wie sieht es aus mit Unfällen, die auf dem Weg im Homeoffice passiert sind? Beispielsweise der Weg zum Kühlschrank, ist er versichert? Laut Unfallkasse gilt auch hier wieder: „Versichert sind innerhäusliche Wege, die in einem engen Zusammenhang mit den beruflichen Aufgaben stehen.“ Ein Unfall, der beispielsweise geschehen ist, während der Arbeitnehmer Druckerpapier im Keller geholt hat, oder wenn dieser sich während der Reparaturarbeiten am Arbeits-PC verletzt hat, ist abgedeckt.
Fällt der Mitarbeiter aber die Treppe hinunter, als der dem Paketboten die Tür öffnen will, handelt es sich um einen Freizeitunfall. Das Gleiche gilt auch für den beschriebenen Gang zum Kühlschrank. Handelt es sich um eine private Tätigkeit, gehört dieser ebenfalls nicht dazu. Hier liegt der entscheidende Unterschied zur Arbeit im Büro. Denn ein Mitarbeiter, der sich auf dem Weg zum Kühlschrank beim Arbeitnehmer verletzt, ist gesetzlich versichert. Ein Unfall auf der Toilette oder beim Essen (beispielsweise Kantine) zählt aber auch im Büro nicht als Arbeitsunfall.
In diesen Fällen greift die Unfallversicherung nicht
Auch andere private Angelegenheiten im Rahmen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wie etwa die Kinderbetreuung sind keine gesetzlich unfallversicherten Risiken. Sollte sich ein Mitarbeiter verletzen, greift der Schutz der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung.
Seit 18. Juni 2021 gibt es eine gesetzliche Erweiterung des SGB II, wodurch manche Wege im eigenen Haushalt zusätzlich versichert sind. Der Gesetzgeber entschied, dass laut Unfallkasse NRW„innerhäusliche Wege zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang während der Arbeitszeit eine Gleichbehandlung beim Versicherungsschutz“ darstellen. Das bedeutet: Zu Hause besteht der gleiche Versicherungsschutz wie bei der Präsenzarbeit im Betrieb. Davon ausgeschlossen sind allerdings Unfälle, die vor dem Stichtag geschehen sind. In diesem Fall greift die gesetzliche oder private Krankenversicherung.
Auf dem Weg zur Kita gestürzt: Und nun?
Stichwort Kinderbetreuung: Welche Situation liegt vor, wenn sich ein Arbeitnehmer auf dem Weg zum Kindergarten verletzt? Auch hier greift die Gesetzesänderung im Juni. Unfälle nach dem 18. Juni sind versichert, wenn sie erfolgen, „um wegen der beruflichen Tätigkeit im Homeoffice am konkreten Tag Kinder fremder Obhut anzuvertrauen, also zum Beispiel in den Kindergarten oder zur Kindertagespflegeperson zu bringen“. Ausschlaggebend ist das entsprechende Betriebsrätemodernisierungsgesetz, Artikel 5.
Doch was, wenn die Leistungen des gesetzlichen Unfallschutzes nicht ausreichen? Eine private Unfallversicherung kann diese Versicherungslücke schließen. Etwaige Zusatzkosten oder Einkommensausfälle lassen sich zusätzlich mit einer Erwerbs-, Berufsunfähigkeits- oder Krankentagegeld-Versicherung abdecken.
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