IDD und Weiterbildungspflicht: „Weiterbildung muss das Geschäft voranbringen“

„Haben Sie Vertrauen in die Fähigkeiten eines 50-jährigen Chirurgen, der sich seit seinem Studium nicht weitergebildet hat?“ Diese Frage stellt Stephan Delles im Interview. Wir sprechen mit Frank Rottenbacher zur Weiterbildungsbereitschaft im Markt, und der Frage, wie weit sich Vermittler über die Pflicht hinaus belehren.

Sanktionen an deutsche Vermittler

Einen Aufschluss darüber, wie die in der IDD festgeschriebene Weiterbildungspflicht funktioniert, gibt der jährliche Bericht über verwaltungsrechtliche Sanktionen und andere Maßnahmen im Rahmen der Versicherungsvertriebsrichtlinie. Im Jahr 2020 war Deutschland hier eindeutiger Spitzenreiter bei der Verhängung von Sanktionen. Was das bedeutet, haben wir bei Frank Rottenbacher, Vorstand des Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW), nachgefragt.

Die Aufsicht in Deutschland funktioniert.

Redaktion: Herr Rottenbacher, 80,4% aller europaweit verhängter Sanktionen gegenüber Versicherungsvermittler finden aktuell in Deutschland statt. Was bedeutet das für die Weiterbildungsbereitschaft der deutschen Vermittler?

Frank Rottenbacher: Das bedeutet zunächst einmal, dass die deutschen Aufsichtsbehörden entsprechend aktiv sind. Wir sagen immer wieder, dass, wenn es darum geht, ob die deutschen Finanzanlagen-Vermittler unter BaFin-Aufsicht gehören, dies gar nicht notwendig ist. Wenn 80 Prozent der Sanktionen an deutsche Vermittler gehen, dann liegt das nicht daran, dass die Vermittler sich hier so wenig weiterbilden, sondern daran, dass die Aufsicht hier eben besser funktioniert.

Redaktion: Ist die Aufsicht gerade hier in Deutschland vielleicht sogar zu streng?

Frank Rottenbacher: Das sehe ich nicht so. Die Kammern machen entsprechende Stichproben, aber es ist bei Weitem nicht so, dass sämtliche Vermittler schon mal die Erfüllung ihrer Weiterbildungspflicht haben nachweisen müssen.

Redaktion: Wie schätzen Sie das Weiterbildungsverhalten der Vermittler im Land ein? Geschieht da viel „über die Pflicht hinaus“?
Frank Rottenbacher

Frank Rottenbacher: Das Verhalten der Vermittler geht deutlich auseinander. Mein eigenes Unternehmen, die GOING PUBLIC! Akademie für Finanzberatung AG, hat eine Plattform, über die wir eine entsprechende Online-Plattform anbieten. Da sehen wir anhand der Zeiten, dass ein Teil der Vermittler ihr Weiterbildungsverhalten exakt auf die gesetzlich geforderten 15 Stunden hin optimiert. Auf der anderen Seite gibt es Vermittler, die verstehen, dass Weiterbildung kein belastender Faktor ist. Für diese bringt Weiterbildung das eigene Geschäft voran und verbessert es. Diese Gruppe hat ihre 15 Stunden regelmäßig recht schnell absolviert und kommt im ganzen Jahr auf 70 oder 80 Weiterbildungsstunden. Allgemein gesagt, gibt es da eine gewisse Spreizung zwischen den „Minimalspringern“ und denen, die Weiterbildung als wichtigen Punkt ihrer Unternehmensentwicklung sehen.

Redaktion: Sind diese „Minimalspringer“ denn in der Überzahl oder ist es eher andersherum?

Frank Rottenbacher: Dazu liegen uns leider keine eindeutigen Zahlen vor. Das Problem ist folgendes: Wir haben keine vollumfängliche Übersicht. Wir haben auf unserer Plattform eine Vielzahl von Trainings, die alle zehn bis 15 Minuten lang sind. Diese nutzen Vermittler das ganze Jahr über, um sich vielleicht auf Kundengespräche vorzubereiten oder sich zu bestimmten Themen weiterzubilden. Gegen Jahresende bemerken wir regelmäßig einen extremen Spike, der uns zeigt, dass da einige Vermittler noch Lücken füllen müssen. Allerdings gibt es auch Vermittler, die auf der Plattform nur drei Stunden Weiterbildungszeit haben. In solchen Fällen muss man davon ausgehen, dass sie ihre restliche Weiterbildungszeit anderweitig einholen. Eine genauere Schätzung erlauben lediglich die Vermittler mit den exakt 15 Stunden, hier gehen wir davon aus, dass sie nicht anderweitig noch tätig sind.

Weiterbildung sollte in Bereichen geschehen, die zur beruflichen Tätigkeit des Vermittlers passen.

Redaktion: 15 Stunden sind gesetzlich gefordert – sollte das eigentlich mehr sein?

Frank Rottenbacher: Das ist schon eine gute Größenordnung. Immerhin handelt es sich um zwei ganze Arbeitstage. Allerdings sollten es dann auch Themenbereiche sein, die zur beruflichen Tätigkeit des jeweiligen Vermittlers passen. Da sollte man sich nicht mit vermeintlich leichten Themen beschäftigen, nur weil es etwa bequemer ist. Der Vermittler muss überlegen, was ihm am meisten weiterhilft. Im Kern geht es darum, das eigene Geschäftsmodell zu stärken und abschließend besser auf die Kunden vorbereitet zu sein.

Fehlt noch Weiterbildungszeit? In der WWK-Akademie gibt es ebenfalls vielfältige Angebote. Weitere Informationen dazu finden Interessierte unter dem nachfolgenden Link.

Titelbild & Beitragsbild: © andreas klingberg für AfW Berlin

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