KI hat sich längst im täglichen Büroalltag etabliert, Nachhaltigkeit ist selbstverständlicher Standard und New Work Voraussetzung, um sich im Kampf um Talente behaupten zu können. Was kann da also noch kommen, das die Finanzbranche oder auch die Arbeitswelt revolutioniert? Wir haben die Trends und Top-Themen fünf großer Sektoren für das kommende Jahr gesammelt. In Teil eins: Gesundheit und Karriere.
Fokus: Gesundheit
Der Patient (wieder) im Fokus?
Das große Schlagwort im Jahr 2024 wird im Bereich Gesundheit „Patient Journey“ lauten. Der Patient soll wieder stärker im Fokus stehen. Vorangetrieben wird dieser Trend, insbesondere von Telemedizin-Anbietern, Arzttermin-Buchungsplattformen sowie medizinischen Versorgungszentren. Allesamt etablierten sie sich zunehmend seit der Corona-Krise im Jahr 2020. Ihr Geschäft: patientenzentrierte Prozesse implementieren. Ein Service, der laut Prognosen vermehrt nachgefragt wird. Die Anbieter wiederum setzen in der Patient Journey auf Zielgruppensegmentierung.
Die Vorhersage von Gesundheitsexperten: „Akteure, die dies verstehen, werden erfolgreicher sein.“ In Deutschland besteht Nachholbedarf und – wie so oft – Chance. Die noch große Kommunikationslücke im Gesundheitswesen muss geschlossen werden. Technologien wie Social Media, Chatbots und KI per se können dabei eine Schlüsselrolle spielen. Und auch der Makler ist hier ein Glied der Modernisierungskette des Gesundheitswesens.
Prothesen: FortSCHRITT durch Technik
Eine US-Studie aus dem Jahr 2022 zeigt, dass viele bisherige Prothesen aufgrund von Gewicht und Funktionalitätsmängeln aussortiert wurden. Ihr Nachfolger: binomische Prothesen. Sie erlebten erst in den 2020er-Jahren einen Durchbruch auf breiter Ebene. Eine präzise Hightech-Nachbildung menschlicher Gliedmaßen, die meist leistungsfähiger ist, als ihr Vorbild aus Fleisch und Blut. Woran es noch hapert: eine natürlichere Optik sowie Tragekomfort.
Zukünftige Prothesen sollen daher aus leichteren Materialien wie Silikon und Spinnenseide hergestellt werden. Aktuelle Forschungen aus Schweden eröffnet beispielsweise neue Anwendungsfälle für Implantate, von älteren Menschen, die aktiv bleiben wollen, bis hin zu Profisportlern, die nach einem Leistungsvorteil suchen. Prothesen werden nicht mehr als Behinderung, sondern als Mittel zur Erweiterung menschlicher Fähigkeiten betrachtet. Ist es also nur noch eine Frage der Zeit, bis die „Ersatzteile“ vom Kunden ähnlich wie Zahnersatz gefordert werden?
Förderung: Karriere
Aus- und Weiterbildung: Softskills im Fokus
Während es lange nicht ohne Studium, Auslandserfahrung sowie acht Praktika vor dem ersten Job ging, scheint sich auch hier einiges zu ändern. 2024 könnte das Bildungswesen und „Corporate Learning“ revolutioniert werden. Statt des traditionellen Studienwegs mit Bachelor und anschließend spezialisiertem Master rücken Soft Skills in den Fokus. Persönlichkeitsentwicklung und die Zusammenarbeit mit Kollegen sowie Know-How in Bereichen wie KI rücken in den Fokus. Persönlich- vor Fachlichkeit? Eine mögliche Prognose. Im Corporate Learning zeichnet sich ebenfalls ein Wandel ab, weg von Standardfortbildungen hin zu Team-Learning-Formaten, in denen Teams gemeinsam Fähigkeiten, Methoden und Fachwissen erwerben. Ein vielversprechender Ansatz, der die Art und Weise, wie – aber auch was – wir lernen, grundlegend verändern könnte.
Alles andere als kinderleicht: Vereinbarkeit von Familie und Karriere
Die prekäre Betreuungssituation in deutschen Kitas und Schulen – allen voran Berlin als schlechtes Beispiel, stellt eine Herausforderung dar. Rund 10.000 Kitas deutschlandweit arbeiteten laut einer Umfrage des Verbands Bildung und Erziehung im vergangenen Jahr mit zu wenig Personal, was die Aufsichtspflicht gefährdete. Bis 2035 prognostiziert die Kultusministerkonferenz einen Mangel von mindestens 23.800 Lehrkräften. Dies beeinflusst nicht nur Eltern, sondern auch deren Arbeitgeber, da Beschäftigte mit Kindern vermehrt ihre Arbeit unterbrechen müssen. Der Tagesschluss der Kita steht dann über beruflichen Deadlines. Bevor es hier zu einer Bredouille kommt, empfiehlt Bildungsexperte Fredrik Harkort schon jetzt als Unternehmen aktiv zu werden. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf: unumgänglich zur Mitarbeiterbindung. Die Stellschrauben lauten flexible Arbeitsmodelle, empathischer Umgang mit kurzfristigen Betreuungsänderungen sowie Benefits für Eltern, wie Zuschüsse für Coaching und Corporate-Kindergärten. Auch die WWK ist sich diesen Anforderungen bewusst.
Neu statt nur verbessert: Förderung durch Upskilling
Fakt ist: Unternehmen stehen vor der Herausforderung Fachkräfte zu finden. Ebenso müssen sie ihre bestehenden Mitarbeiter gezielt weiterzubilden, um sich an die rasante Veränderung der Arbeitswelt anzupassen. Laut dem „Future of Jobs Report 2023“ gehen Ursache und Wirkung dieser Schwierigkeiten Hand in Hand. Der Bericht betont, dass 44 Prozent der Kernkompetenzen der Arbeitnehmer in den nächsten fünf Jahren eine Veränderung erfahren werden. Dies erfordert nicht nur die Verbesserung bestehender Fähigkeiten (Upskilling), sondern auch die Identifizierung und in Folge Erlernung neuer notwendiger Fähigkeiten (Reskilling).
Allerdings: Oft haben nur etwa die Hälfte der Arbeitnehmer Zugang zu angemessenen Weiterbildungsmöglichkeiten. Besonders im Fokus stehen Themen wie Digitalisierung, KI und Big Data. Unternehmen müssen personalisierte Lernpfade entwickeln, um Teams und Mitarbeiter zu fördern und Neugierde sowie Offenheit zu wecken, anstatt abzuschrecken. Weiterbildungsexperte Basti Koch betont aus LinkedIn, dass Reskilling und Upskilling im Jahr 2024 prägende Themen für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt sein werden. Er sagt: „Weiterbildungen müssen kontinuierlich, personenzentriert und niedrigschwellig gestaltet werden, um den Anforderungen der sich ständig verändernden Arbeitswelt gerecht zu werden.“
In vier Tagen bis 67?
Die anhaltende Inflation, stabile Zinssätze und mangelndes Rentensparen zwingen viele ältere Erwerbstätige in Deutschland, ihren Ruhestand zu verschieben. Sie machen jegliche Diskussion überfällig. Was sein muss, muss sein – finanziell gesehen. Laut dem Bundesarbeitsministerium arbeiten derzeit 1.123.000 Menschen über 67 Jahre, ein Anstieg um 56.000 im Vergleich zu Ende 2022. Unternehmen wiederum profitieren von dieser Entwicklung. Sie behalten Expertise und Erfahrung. Den Wünschen der Beschäftigten widerspricht das allerdings. Die Mehrheit (63,4 Prozent) möchten spätestens mit 63 Jahren in Rente gehen.
Nur verständlich, dass der Schrei nach einer 4-Tage-Woche der Jüngeren parallel für Empörung sorgt. Einigkeit lohnt sich jedoch vor allem aus Unternehmenssicht: Eine Harvard Business Review Studie zeigt, dass generationsübergreifende Teams mit unterschiedlichen Fähigkeiten zu produktiverer Zusammenarbeit und besserer Leistung führen können. Voraussetzung: die Teammitglieder sind bereit, sich auszutauschen und aus ihren Unterschieden zu lernen.
Wie sehen die Big Ideas 2024 für die Themen Wirtschaft, KI und Nachhaltigkeit aus? Den Ausblick gibt’s hier im zweiten Teil der Trendvorschau.
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