Samy Molcho ist weltweit einer der gefeiertsten Schauspieler – 2.000 Vorstellungen gab er in mehr als 60 Ländern. Mit Anfang 50 beendete Molcho seine Bühnenlaufbahn und unterrichtete in Wien am Institut für Schauspiel und Schauspielregie „Körperliche Gestaltung”. In dieser Zeit begann er aber auch, sein Wissen über die Körpersprache außerhalb der Uni mitzuteilen – etwa in Vorträgen und Seminaren. Er galt als Meister im Analysieren der Körpersprache anderer Menschen und als exzellenter Lehrer. Sein Wissen findet sich in zahlreichen Büchern – die wichtigsten Erkenntnisse gibt es hier zusammengefasst.
Von Gefühls- und Vernunftshänden
Die linke Hand, verbunden mit der rechten Gehirnhälfte (die „Emotionale, Ganzheitliche“), bezeichnet Molcho als „Gefühlshand”. Die rechte Hand (linke rationale Gehirnhälfte) ist die „Vernunftshand” – das gilt auch bei Linkshändern. Bei der Begrüßung lohnt es sich die Gefühlshand im Blick zu behalten. Bleibt sie beim Händeschütteln unbeteiligt „hängen”, spricht das für Distanz – das Eis muss noch gebrochen werden. Macht der Gesprächspartner mit der Gefühlshand eine einladende Geste und öffnet die Innenflächen (siehe nächster Absatz), dann steht einem entspannten Gespräch nichts im Wege.
Hände – innen und außen
Unsere Hände verraten uns. Wer seine Hände dem Gegenüber öffnet und die Innenflächen zeigt, der sendet eine Geste der Offenheit. Das gilt sogar dann, wenn wir eine Abwehrhaltung mit erhobenen Handinnenflächen machen: Wir sagen Nein, aber wir signalisieren Passivität und Ruhe. Umgekehrt deutet der Handrücken auf das Gegenteil hin: Es wirkt als Ablehnung, fast als Angriff. Kommt der erhobenen Zeigefinger dazu, wirkt das eigene Auftreten wie eine Drohung. Gerade in Gesprächen und Verhandlungen lassen sich die Hände geschickt einsetzen: Eine offene Gefühlshand drückt Gesprächsbereitschaft aus, eine geschlossene Vernunftshand macht klar: In diesem Gespräch ist nicht mehr viel Luft nach oben.
Mit der Faust …
.. auf den Tisch zu hauen, gilt nicht nur sprichwörtlich als klare Geste. Auch in der Körpersprache ist die geballte Faust ein Zeichen von Aggression – wer zum Beispiel in einem entspannten Gespräch die Fäuste ballt, bleibt als unangenehmer und aggressiver Gesprächspartner in Erinnerung.
Das beste Zeichen offener oder versteckter Aggression ist die geballte Faust. Wenn Ihr bei einer Verhandlung in freundlichem Ton redet, dabei aber die Fäuste ballt, wird Euer Gesprächspartner das Gespräch in schlechter Erinnerung behalten: „Der war aber aggressiv!”
Das Stachelschwein
Viele Gesten im Alltag sagen viel über uns und die Einstellung zu einer Situation aus – beispielsweise das Stachelschwein. Beim Stachelschwein verschränkt der Gesprächspartner die Hände ineinander – das Gegenüber hat damit die Stacheln aufgestellt, eine Abwehrhaltung eingenommen. In dieser Stimmung ist ein positiver Gesprächsverlauf eher unwahrscheinlich. Das gilt noch mehr für die „Pistole”, wenn wir mit dem Zeigefinger auf eine Person zeigen, sodass die Hand der Form einer Pistole ähnelt.
Der Dominanzdaumen
Der Daumen ist der dickste Finger. Er macht Greifen erst möglich. Er ist ein starkes Signal und viele Menschen setzen ihn ein, um Stärke zu zeigen: Am bekanntesten ist natürlich das „Daumen nach oben”-Symbol, aber in Gesprächen liegt auch gerne mal ein Daumen auf der Tischkante oder man gestikuliert mit dem Daumen nach oben. Und natürlich schwebt der Dominanz-Daumen auch bei der “Merkel-Raute” über allem und zeigt: Ich habe alles im Griff! Der Daumen gibt Kraft und verschafft Respekt – wirkt aber übertrieben eingesetzt auch albern und gilt als Zeichen von Minderwertigkeitskomplexen. Umgekehrt kann ein versteckter Daumen Selbstzweifel demonstrieren – etwa, wenn der Daumen locker in der Hosentasche versteckt wird.
Der Hals
Der Hals ist ein wichtiges Element der Körpersprache, denn am Hals gelten wir als am verletzlichsten. Drehen wir den Kopf und öffnen den Hals unserem Gegenüber, ist das eine Vertrauensgeste, denn ich öffne eine schwache Seite. Ein angehobener Kopf, unter dem die Kehle auf unser Gegenüber zeigt, wirkt dagegen konfrontativ und aggressiv. Außerdem wirkt der erhobene Hals anderen gegenüber immer hochnäsig, herablassend und provokant. Gesten am Hals demonstrieren oft aber auch Unsicherheit und Zweifel: Wer beim Reden mit der Hand über den Hals streift, signalisiert Unsicherheit. Und wer im Gespräch die Hand in den Nacken legt, der zweifelt am Gespräch oder dem Gegenüber.
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