Können KI und Technik Personal im Vermittlervertrieb ersetzen?

Die KI als bester Mitarbeiter auf der einen, Fachkräftemangel auf der anderen Seite: Ist die Technik heute und in Zukunft in der Lage, Mitarbeiter zu ersetzen? Oder geht es vielmehr darum, Prozesse so zu gestalten, dass Mitarbeiter mehr Zeit haben für die Beratung und ihre Kernaufgaben? Wir werfen einen Blick auf die Praxis.

Die unsichtbare KI als bester Mitarbeiter?

In der Versicherungs- und Finanzbranche hat KI längst Einzug gehalten. Laut einer Studie von PwC nutzen seit der Corona-Pandemie rund 52 Prozent der Finanzdienstleistungsunternehmen weltweit KI-basierte Lösungen in ihrem täglichen Geschäftsbetrieb. KI-gestützte Systeme übernehmen Aufgaben wie das Risikomanagement, die Betrugserkennung sowie die Kundeninteraktion. So setzen viele Unternehmen beispielsweise Chatbots ein, um rund um die Uhr Kundenanfragen zu beantworten und so den Kundenservice zu verbessern.

Die Bedeutung des Faktors Mensch spiegelt sich auf der anderen Seite wider. Während fast schon im Überfluss digitalisiert wird, leidet die Branche parallel unter einem erheblichen Fachkräftemangel. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass in der Bundesrepublik derzeit rund 57.000 Fachkräfte in der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche fehlen.

Diese Lücke führt zu einer erhöhten Arbeitsbelastung für die vorhandenen Mitarbeiter und kann die Qualität der Kundenberatung beeinträchtigen. Was ist also der Status Quo? Baut die menschliche Leistung ab, während KI zur Höchstform aufläuft? Nicht ganz. Denn jeder, der einmal hilflos in einer Warteschlange verharren musste, weiß: Nur, weil Service 24/7 automatisch verfügbar ist, muss er noch lange nicht gut sein.

Effizienzsteigerung durch KI und Technik: Mehr Zeit für das Wesentliche

Unbestritten ist jedoch: KI und Technik können helfen, Herausforderungen in Sachen Prozessoptimierung zu bewältigen, indem sie diese effizienter gestalten. Und häufig löst das auch Personalprobleme – zumindest oberflächlich. Anstatt Personal zu ersetzen, können KI-Systeme repetitive und zeitaufwändige Aufgaben übernehmen. Dies verschafft den Mitarbeitern mehr Zeit für ihre Kernaufgaben und die individuelle Kundenberatung.

Zum Beispiel können automatisierte Systeme Schadensmeldungen bearbeiten, während sich Vermittler auf komplexere Kundenanliegen konzentrieren. So kann ein Vermittler beispielsweise ein KI-gestütztes Analysesystem nutzen, um Kundenprofile zu erstellen und maßgeschneiderte Versicherungsangebote zu entwickeln. Diese Technologie spart nicht nur Zeit, sondern erhöht auch die Genauigkeit der Empfehlungen und verbessert somit die Kundenzufriedenheit.

Ein Blick auf die Zahlen

Die Theorie klingt beinahe utopisch. Doch wie verhält es sich tatsächlich in der Versicherungsbranche? Nutzen Vermittler KI-Tools, um sich den administrativen Alltag zu erleichtern, zeitlich aber zum besseren Makler zu werden? Der AfW, Bundesverband Finanzdienstleistung e.V., hat dies in seinem „Vermittler Barometer 2023“ abgefragt. 1.108 Teilnehmende beantworten in der Studie unter anderem die Frage, „Nutzen Sie bereits eine Anwendung mit generativer künstlicher Intelligenz (zum Beispiel ChatGPT)?“. Das Ergebnis: 66 Prozent nutzen die Technologie nicht, 16 Prozent der Befragten lassen KI-Anwendungen für sich arbeiten, während 15 Prozent die Technologie „noch nicht“ verwenden. Drei Prozent ließen die Frage unbeantwortet.

Und wofür nutzen die KI-Befürworter die Anwendungen? Weniger für administrative Aufgaben wie Back-Office, Planung, Datenauswertung oder die Erstellung von Angeboten (jeweils keine 20 Prozent Nutzung), sondern vielmehr zur kreativen Unterstützung. Texterstellung, Ideenfindung, Informationsbeschaffung sowie Bilderstellung. Hier beläuft sich die jeweilige Nutzung zwischen 85, bis knapp 20 Prozent. Die Anwendung für Kundenanfragen liegt bei gerade einmal 5,5 Prozent.

Dass Vermittler die persönliche Ansprache bevorzugen und Aufgaben in diesem Bereich keinesfalls an KI abtreten, spiegelt auch das Ergebnis der folgenden Frage wider: „Glauben Sie, dass KI-Anwendungen in Zukunft die menschliche Interaktion in der Finanzberatung ersetzen könnten?“. Über 60 Prozent beantworteten die Frage mit „Nein“, lediglich acht Prozent glauben, dass diese Möglichkeit bestehe.

Wandel durch eine neue Generation Vermittler?

Ein Blick auf das Durchschnittsalter der Versicherungsmakler zeigt, dass viele von ihnen älter als 50 Jahre sind. Das repräsentiert auch die AfW-Studie mit einem Durchschnittsalter der Teilnehmenden von 53,7 Jahren. Mit der fortschreitenden Verjüngung der Branche könnte sich auch die Akzeptanz und Nutzung von KI-Technologien weiter erhöhen.Die Gründe dafür liegen auf der Hand:

Jüngere Generationen sind in der Regel technikaffiner und offener gegenüber neuen Technologien, was den Einsatz von KI in der Zukunft fördern könnte.

Und auch die Prognosen für den Einsatz von KI im Vertrieb sind vielversprechend. Laut einer Studie von Gartner könnten bis 2025 etwa 75 Prozent der Unternehmen in der Versicherungsbranche KI nutzen, um ihre Prozesse zu optimieren und die Kundenzufriedenheit zu steigern.

Allerdings: Die Gesetzeslage wird anspruchsvoller, das könnte auch abschreckend wirken. Dank KI-Gesetz müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie die Technologie verantwortungsvoll einsetzen und die ethischen Implikationen berücksichtigen.

Mensch und Maschine: Das perfekte Team

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass KI im Vermittleralltag keinesfalls dazu gedacht ist, Personal zu ersetzen, sondern vielmehr die Effizienz und Qualität der Arbeit zu verbessern. Durch den gezielten Einsatz von KI können Vermittler ihre Beratungsleistung optimieren und ihren Kunden einen besseren Service bieten. Allerdings: Fachkräfte bleiben unerlässlich, da der menschliche Austausch und das persönliche Vertrauensverhältnis in der Versicherungsbranche von großer Bedeutung sind.

Der Weg in die digitale Zukunft

Um Prognosen hinsichtlich der zukünftigen Nutzung von KI auch zu realisieren, sollten sich Vermittler jedoch intensiv mit den neuen Technologien sowie deren rechtlicher Grundlage auseinandersetzen und diese gezielt in ihren Arbeitsalltag integrieren. Die Weiterbildung in Sachen KI und Technik ist entscheidend, um die Vorteile der Digitalisierung voll ausschöpfen zu können und den Herausforderungen des Fachkräftemangels erfolgreich zu begegnen.

Titelbild: © Zaleman/stock.adobe.com

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